Die Friedenskirche – eine „Notkirche“ von Otto Bartning

die Friedenskirche wurde 1949 als erste evangelische Kirche im Stadtteil Weiherfeld errichtet. Sie gehört zu den so genannten „Notkirchen“, die nach dem 2. Weltkrieg nach den Entwürfen des aus Karlsruhe stammenden Architekten Otto Bartning in ganz Deutschland gebaut wurden. Es existieren noch 41 Kirchengebäude dieser Art, für die Bartning ein kostengünstiges Bausystem entwickelt hatte. Viele dieser Gebäude sind stark verändert, einige auch umgenutzt worden. Die Friedenskirche gehört zu den Beispielen, die im Wesentlichen den Charakter dieser Notkirchen bewahrt hat und das architektonische Prinzip eindrucksvoll verdeutlicht.

Nach 1945 gab es wegen der Zerstörungen von Kirchen und des Zuzuges von Flüchtlingen einen zusätzlichen Bedarf an Kirchbauten. Viele Menschen suchten nach den Irrwegen der Nazidiktatur nach neuer Orientierung in den Kirchengemeinden. Statt wie zunächst geplant, für diesen Raumbedarf Baracken der Schweizer Militärverwaltung zu verwenden, beauftragte der Leiter des Hilfswerk der evangelischen Kirche Eugen Gerstenmeier den Architekten Bartning einen Entwurf zu entwickeln, der durch Selbsthilfe der Gemeinden und unter Verwendung von Trümmermaterial zugleich eine langfristig kostengünstigere Alternative darstellte.

Bartning entwickelte als Tragwerk eine zeltförmige Holzbinderkonstruktion, die vorgefertigt angeliefert wurde. Ebenso wurden Pfetten, Dachtafeln, Emporenelemente, Türen, Fenster und Bänke in Serien hergestellt, angeliefert und in ein bis zwei Wochen aufgestellt. Die konstruktiv nicht beanspruchten Außenwände sind zweischalig aus Trümmersteinen des Karlsruher Rathauses errichtet, innen als Sichtmauerwerk aus Ziegeln, außen in Sandstein.

„In dieser Verbindung des Typisierten mit dem Individuellen, des Industriell-Transportablen mit dem Ortsgebundenen liegt das Wesen dieser Notkirchen. sie sind ein Dokument der aus der Not erwachsenen Schlichtheit und Kraft.“ Mit diesen Worten formulierte Bartning sowohl sein Bekenntnis, an Bautraditionen anzuknüpfen, aber zugleich seine Haltung als Architekt des Modernen Bauens, das im Fertigungsprozess, von Materialien und Architektur her sich radikal von vorangegangenen Bauweisen unterscheidet. Mit ca. 80 000 DM lagen die Baukosten etwas halb so hoch wie bei einer gleichgroßen Kirche in traditioneller Bauweise. Die Kirche bietet Sitzplätze für ca. 300 Menschen.

Zur Einweihung der ersten Notkirche sprach Bartning „So wie ihr Sachwalter des Wortes und des Geistes seid und dafür mit Leib und Seele steht, so sind wir die Sachwalter der Gestalt und des in der sichtbaren Kirche sich darstellenden Geistes. Und auch wir stehen dafür mit Leib und Seele – nicht trotz der Wüste, sondern kraft der Wüste, in der dies Zelt ein Halt und Trost der Seele sei.“

Die Friedenskirche wurde im November 1949 zunächst ohne Turm eingeweiht. 1962 wurde der Turm ergänzt, der Hauptzugang wurde in die Mittelachse verlegt, die Sakristei und die Toilette im Erdgeschoss des Turmes eingebaut und der das Kellergeschoss zur Nutzung als Gemeinderäume vom Architekten Erich Rossmann erhöht sowie der Turm ergänzt. Der vorher seitlich im Turmstumpf liegende Anschließend war er verantwortlich für das nordwestlich angrenzende, tiefer liegende Gemeindehaus mit Kindergarten und das Pfarrhaus im Nordosten, die jeweils als Atriumhäuser mit Flachdächern errichtet wurden.

Anlässlich des 50-jährigen Kirchenjubiläums wurde 1999 der Innenraum der Kirche mit der Orgel behutsam instand gesetzt und dabei nur geringfügige Änderungen vorgenommen. Durch die Kürzung der Bänke entstanden seitliche Durchgänge. Die Bankpodeste und die oberste Altarstufe wurden entfernt und Fenster, Beleuchtung und sonstige technischen Einrichtungen (außer der Heizung) erneuert.

Der Kirchplatz südwestlich der Kirche wurde durch Pflasterung und Möblierung geordnet und als Quartiersplatz gestaltet, der durch fünf große Linden und rahmende Pflanzbeete von den angrenzenden Straßen (Tauberstraße und Schauinslandstraße) abgeschirmt ist.

Text: Sabine Straßburg