Ökumenische Zusammenarbeit in der Evangelischen Landeskirche in Baden und der Erzdiözese Freiburg

Rahmenvereinbarung für ökumenische Partnerschaften

zwischen Pfarrgemeinden/Kirchengemeinden,
Dekanaten und
Arbeitsfeldern
in der Evangelischen Landeskirche in Baden

und

Pfarreien/Seelsorgeeinheiten,
Dekanaten und
Arbeitsfeldern
in der Erzdiözese Freiburg

Vorwort

Diese Rahmenvereinbarung für ökumenische Partnerschaften versteht sich als gemeinsame Verpflichtung zur Zusammenarbeit aufgrund der „Charta Oecumenica – Leitlinien für die Zusammenarbeit der christlichen Kirchen in Europa“.
Sie will die ökumenische Zusammenarbeit auf allen Ebenen unserer Kirche fördern, stärken und einen verbindlichen Maßstab setzen.
Diese Vereinbarung hat keinen kirchenrechtlich gesetzlichen Charakter. Ihre Verbindlich­keit besteht in der Selbstverpflichtung der Beteiligten, diese Vereinbarung mit Leben zu füllen.

Für die Erzdiözese Freiburg Für die Evangelische Landeskirche in Baden

Erzbischof Landesbischof
Stephan Burger Prof. Dr. Jochen Cornelius-Bundschuh

Freiburg im Breisgau/Karlsruhe
31. Oktober 2017

Präambel

• Im Bekenntnis zur Taufe als dem gemeinsamen grundlegenden Band der Einheit in Jesus Christus,
• getragen von der Bitte Jesu, „dass alle eins seien“ (Joh 17, 21),
• im Glauben an Jesus Christus als Haupt der Kirche und Herrn der Welt auf der gemeinsamen Grundlage des Wortes Gottes, wie es die Heilige Schrift bezeugt,
• auf der Grundlage des Glaubensbekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel (381) als Auslegung der Heiligen Schrift,
• in Erinnerung an die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 19991,
• in Erinnerung an die von der Evangelischen Landeskirche in Baden und der Erzdiözese Freiburg 1999 unterzeichnete gemeinsame Erklärung2,
• ermutigt durch die gemeinsame Unterzeichnung der Charta Oecumenica auf dem ökumenischen Kirchentag in Berlin 2003,
• im Blick auf die gemeinsam mit neun anderen Mitgliedskirchen der ACK in Magdeburg 2007 unterzeichnete wechselseitige Anerkennung der Taufe,
• gemeinsam verpflichtet auf die Prinzipien und Empfehlungen des u.a. vom päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog und dem Ökumenischen Rat der Kirchen unterzeichneten Dokuments „Christliches Zeugnis in einer multireligiösen Welt“,
• ermutigt durch die langjährige geschwisterliche Zusammenarbeit

verpflichten sich

die Evangelische Kirche in Karlsruhe – Gemeinde Rüppurr und die evangelische Friedensgemeinde

in der Evangelischen Landeskirche in Baden

und

die Pfarrgemeinden Christkönig und St. Franziskus aus der katholischen Kirchengemeinde Karlsruhe Alb Südwest St. Nikolaus

in der Erzdiözese Freiburg

zu weiteren Schritten auf dem Weg zur sichtbaren Einheit in einem Glauben und in der einen eucharistischen Gemeinschaft

und unterzeichnen folgende Vereinbarung:

1. Grundsatz

Ökumene geschieht bereits in vielfältigen Formen gemeinsamen Handelns in der Erzdiözese Freiburg und in der Evangelischen Landeskirche in Baden in unseren Gemeinden, Dekanaten, Verbänden, Diensten und Werken.
Wir verpflichten uns weiter, auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens gemeinsam zu handeln, wo die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind und nicht Gründe des Glaubens dem entgegenstehen.3
Im ökumenischen Miteinander ist es wichtig, die geistlichen Gaben der verschiedenen christlichen Traditionen kennen zu lernen, sich davon bereichern zu lassen und so voneinander zu lernen. Daher verpflichten wir uns, das Leben unserer Gemeinden auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Arbeitsbereichen kennen zu lernen, einander zu den jeweiligen Gottesdiensten und Veranstaltungen einzuladen sowie regelmäßige Begegnungen zu vereinbaren. Wir wollen Selbstgenügsamkeit überwinden und mögliche Vorurteile beseitigen, die Begegnung miteinander suchen und füreinander da sein.4
Die Ökumene in Rüppurr kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Am 5. Juni 1973 fand die erste gemeinsame Sitzung des evangelischen Kirchengemeinderates und des katholischen Pfarrgemeinderates statt und danach war die konstituierende Sitzung eines Ökumeneausschusses in Rüppurr. Doch bereits vor dieser Zeit war ökumenische Vorarbeit von Pfarrern und Gemeindemitgliedern geleistet worden. So wurde von der katholischen Gemeinde zur Osternacht eingeladen und der evangelischen Gemeinde die Osterkerze überreicht. Die ersten Paare wurden ökumenisch getraut.
Ganz ähnlich entwickelte sich das gute Miteinander auch zwischen den Gemeinden St. Franziskus und der Friedensgemeinde. Auf Tagungen und Freizeiten kamen evangelische und katholische Teilnehmer zusammen, ohne dass irgendjemand daran Anstoß nahm.
Im Gegenteil… „Die Aufbruchsstimmung in der Gesellschaft verhalf dem Miteinander der Kirchen zu neuer Qualität. Das II. Vatikanische Konzil hatte die Tür dazu geöffnet. Wir besuchten uns gegenseitig in unseren Gottesdiensten, wir sprachen lange Abende im überfüllten Franziskussaal miteinander, die Kapuziner erleichterten die unkomplizierte Begegnung.“5
Am 27.03.2012 fand dann die konstituierende Sitzung des gemeinsamen Ökumene-Ausschusses der vier Gemeinden statt, dessen Vorsitz alle zwei Jahre gewählt wird.
Vorschläge zur Zusammenarbeit wurden erarbeitet und danach gemeinsam durchgeführt. Die gute freundliche, nachbarschaftliche Zusammenarbeit wollen wir bekräftigen und vertiefen.
Die in Jahrzehnten gewachsene Verbundenheit soll aktualisiert und auf die vier Gemeinden bezogen werden.

2. Gottesdienstliches und geistliches Leben, theologisches Gespräch

Unsere Ökumene lebt davon, dass wir Gottes Wort gemeinsam hören und den Heiligen Geist in uns und durch uns wirken lassen. Wir wollen den bisherigen Weg fortsetzen, durch Gebete und Gottesdienste die geistliche Gemeinschaft zu vertiefen und die sichtbare Einheit der Kirche Jesu Christi zu fördern. Wir verpflichten uns, auf der Grundlage der gemeinsamen Erklärung zu „Gottesdienst und Amtshandlungen als Orte der Begegnung“ für die christliche Einheit, füreinander, miteinander und gemeinsam für andere zu beten.6

An folgenden Feiertagen bzw. zu folgenden Anlässen wollen wir einander einladen und nach Möglichkeit gemeinsam Gottesdienst feiern:

• Einladung zur Osternachtfeier mit Übergabe der Osterkerze
• Ökumenischer Gottesdienst am Pfingstmontag, abwechselnd in einer der evangelischen und in einer der katholischen Kirchen
• Ökumenische Schulgottesdienste und Schülergottesdienste
• Regelmäßiges ökumenisches Abendgebet, zur Zeit am 1. und 3. Mittwoch jeden Monats, vorbereitet von evangelischen und katholischen Christen in der Nikolauskirche
• Gemeinsame Gebete im Rahmen der Friedensdekade
• Ökumenische Adventsandacht

Die hier aufgezählten Möglichkeiten können flexibel gestaltet werden. Der Umfang des gemeinsamen Tuns soll erhalten bleiben.
Auch stellen die genannten Beispiele keinen „Fixkatalog“ dar. Vielmehr sind wir offen für die Gestaltung weiterer ökumenischer Gottesdienste zu besonderen Anlässen oder Gegebenheiten z.B. ökumenisches Tauferinnerungsfest.
Eine gegenseitige Bereicherung ist durch die Kirchenmusik gegeben. Die unterschiedlichen Chöre und musikalischen Gruppierungen in den vier Partnergemeinden gestalten verschiedene Gottesdienste mit.

Unsere in Christus begründete Zusammengehörigkeit und Einheit ist von grundlegender Bedeutung. Wir verpflichten uns, die ökumenische Gemeinschaft im Dialog gewissenhaft und intensiv fortzusetzen. Wenn Kontroversen in Fragen des Glaubens und der Ethik bestehen, suchen wir das Gespräch und erörtern alle, auch strittige Fragen gemeinsam im Licht des Evangeliums und der Überlieferung unserer Kirchen.7

Wir verpflichten uns, auf folgenden Ebenen und in folgenden Arbeitsbereichen einander stets zu informieren und Absprachen zu treffen bzw. gemeinsam zu handeln.
• Ökumenischer Martinsumzug Rüppurr
• Ökumenische Bibelwoche
• Ökumenische Taizékreise
• Weltgebetstag
• Weltlädle
• gemeinsam als Christen Präsenz zeigen

3. Pastorales Zusammenwirken „nach innen“

Im ökumenischen Miteinander ist es wichtig, die geistlichen Gaben der verschiedenen christlichen Traditionen kennen zu lernen, sich davon bereichern zu lassen und so vonein­ander zu lernen. Daher verpflichten wir uns, das Leben unserer Kirchen auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Arbeitsbereichen kennen zu lernen, einander zu den jeweiligen Gottesdiensten und Veranstaltungen einzuladen sowie regelmäßige Begegnungen zu vereinbaren. Wir wollen Selbstgenügsamkeit überwinden und mögliche Vorurteile beseitigen, die Begegnung miteinander suchen und füreinander da sein.8
Viele Christinnen und Christen leben und wirken gemeinsam in Freundschaften, in der Nachbarschaft, im Beruf und in ihren Familien. Insbesondere konfessionsverbindende Ehen und Familien müssen darin unterstützt werden, Ökumene in ihrem Alltag zu leben.
Wir verpflichten uns, die gemeinsame Trauung konfessionsverbindender Ehepartner den Ehepaaren/Brautpaaren anzuraten und gemeinsam vorzunehmen (Formular C).
Wir wollen als evangelische und katholische Gemeinden/Dekanate/Arbeitsfelder gemeinsam das Evangelium durch Wort und Tat für das Heil aller Menschen verkündigen. Angesichts vielfältiger Orientierungslosigkeit, aber auch mannigfacher Suche nach Sinn sind die Christinnen und Christen besonders herausgefordert, ihren Glauben zu bezeugen. Dazu bedarf es des verstärkten Engagements und des Erfahrungsaustauschs in Katechese und Seelsorge.9 Daher verpflichten wir uns, uns in den nachfolgend aufgezählten Arbeitsbereichen gegenseitig zu informieren und Absprachen zu treffen bzw. gemeinsam zu handeln.

Wir vereinbaren für unsere Pfarrgemeinden:

• Ökumenische Trauungen werden wie bisher nach Formular C gefeiert.
• Der Ökumene-Ausschuss trifft sich in der Regel vier Mal jährlich.
• Regelmäßiges Hauptamtlichen-Treffen zum gegenseitigen Austausch
• Gemeinde- und Pfarrbriefe werden in der jeweils anderen Gemeinde ausgelegt.
• Zu allen Veranstaltungen und Gemeindefesten laden wir uns gegenseitig ein.
• Eine jährliche gemeinsame Sitzung (PGR und Ältestenkreise)

4. Zusammenwirken „nach außen“:

Kirche in der Öffentlichkeit, Diakonie, interreligiöses Gespräch

Ebenso wichtig ist es, dass das ganze Volk Gottes gemeinsam das Evangelium in die gesellschaftliche Öffentlichkeit hinein vermittelt wie auch durch sozialen Einsatz und die Wahrnehmung von politischer Verantwortung zur Geltung bringt.10
Mit den Grundsätzen der Charta Oecumenica verpflichten wir uns zum Einsatz für Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung, Versöhnung und Frieden in unserer Gesellschaft und weltweit. Wir setzen uns ein für den Schutz von Minderheiten und gegen jede Form von Antisemitismus oder Rassismus. 11
Wir nehmen die interreligiösen Impulse der Charta Oecumenica auf und verpflichten uns, „allen Formen von Antisemitismus und Antijudaismus in Kirche und Gesellschaft entgegenzutreten“ und „auf allen Ebenen den Dialog mit unseren jüdischen Geschwistern zu suchen und zu intensivieren“ 12 sowie „den Muslimen mit Wertschätzung zu begegnen“ und „bei gemeinsamen Anliegen mit Muslimen zusammenzuarbeiten“13.

Wir sind offen, die ökumenische Gemeinschaft in den nachfolgend aufgeführten Bereichen zu vertiefen:

• Politische Verantwortung als Christen gemeinsam wahrnehmen
• Einen gemeinsamen Begrüßungsbrief an Neuzugezogene verschicken
• Begegnung von Firmanden und Konfirmanden ermöglichen
• Gegenseitige Fürbitte im Gottesdienst halten
• Gemeinsame kirchenmusikalische Projekte ermöglichen

5. Ökumene in veränderten Strukturen

Ökumene braucht verbindliche Formen der Begegnung, des Informationsaustauschs und der Absprachen hinsichtlich der konkreten Zusammenarbeit. Ökumene braucht Kontinuität, aus der Vertrauen wachsen kann.

Unsere Vereinbarung ist offen für die verbindliche Zusammenarbeit mit weiteren christ­lichen Gemeinden in unserer Region und an unserem Ort. Für die Aufnahme in die Vereinbarung ist Voraussetzung, dass die betreffende Gemeinde Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg ist oder mit ihr in grenzüberschreitender Zusammenarbeit verbunden ist.14

Abschluss

Mit dieser Vereinbarung geben wir dem zwischen uns gewachsenen Miteinander einen verbindlichen Rahmen und verpflichten uns, dieses Miteinander auch weiterhin zu fördern und zu entwickeln. So suchen wir der Gemeinschaft in Zeugnis und Dienst gerecht zu werden zur Ehre Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.15

Unterschriften und Funktionen der Vereinbarungspartner